Die große frühbarocke Kassentruhe aus dem Überlinger Spital zum Hl. Geist zeugt vom Wohlstand der ehemals freien Reichstadt.
Raum 2
Ehemaliger Wirtschaftsraum, früher mit bemalter Balkendecke, die bei einem Kaminbrand zerstört wurde. Vier Allegorien der die Wochentage bezeichnenden Gestirnsgottheiten (Süddeutsch, 17. Jahrhundert) geben dem Raum seinen Namen.
Kunst und Wissenschaft vom 15. bis 19. Jahrhundert
Die Zusammenstellung von Objekten aus Kunst und Wissenschaft greift das Konzept des Raritätenkabinetts auf, das aus Schenkungen reicher Patrizier schon vor 1600 im Überlinger Rathaus entstanden ist.
Aus dieser Sammlung stammen die vier Gemälde mit Darstellungen von Venus, Merkur, Luna und Sol. Sie gehören zu einer siebenteiligen Serie der Planetengötter, die ein unbekannter Künstler vermutlich im Auftrag des Magistrats nach grafischen Vorlagen von Hendrick Goltzius und Jan Saenredam im frühen 17. Jahrhundert schuf.
Raum 8
Zwei Skulpturen verdienen in diesem Raum Beachtung: Die in einem barocken Gehäuse stehende Kluge Jungfrau ist durch die Gewandbehandlung und das anmutige Haupt ein qualitätvolles Werk seeschwäbischer Spätgotik um 1450. Akzentuierend unterstützt die Farbfassung die reiche plastische Form.
Vermutlich Joseph Anton Dirr hat um 1800/05 den klassizistischen Kruzifix mit Maria Magdalena geschaffen. Die meisterhafte Gruppe ist die größte Elfenbeinarbeit des Bodenseeraums. Sie befindet sich im originalen Gehäuse mit einer gemalten Ansicht Jerusalems. Magdalena hat individuelle Züge und ist in der Mode des frühen 19. Jahrhunderts gekleidet. So könnte es sich um das Votiv einer wohlhabenden Frau handeln.
Die größten Kostbarkeiten dieses Raums sind die Herbarien des Überlinger Lateinschullehrers und Botanikers Hieronymus Harder (1523-1607) und des Apothekers Hans Jacob Han (um 1564/65-um 1616). Als Herbarien bezeichnet man wissenschaftliche Sammlungen getrockneter und gepresster Pflanzen(teile), die aufgeklebt, wo nötig zeichnerisch ergänzt und in Buchform gebracht wurden. Harders nach 1562 gefertigtes Buch gehört zu den frühesten seiner Art in Deutschland, bei dem 1594 erstandenen Han’schen Exemplar handelt es sich gar um das älteste Apotheker-Herbar überhaupt.
Die meist ohne hohen künstlerischen Anspruch gestalteten christlichen Votivbilder gehören dem Bereich der Volksfrömmigkeit an. Wie andere Formen der Votivgaben wurden sie an Wallfahrtsorten oder Gnadenaltären dargebracht.
Im Begriff „Votiv“ steckt das lateinische „votum“ (Gelübde, feierliches Versprechen, Wunsch), erkennbar in der so genannten Votationsformel „ex voto“, die auf vielen Gaben zu lesen ist.
Raum 10
Christliche Votive, deren Blütezeit zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert lag, sind Zeichen von Bitten oder Danksagungen oder auch Weihegeschenke für Gott oder eine(n) Heilige(n). Ihr Ursprung liegt in der Märtyrerverehrung des 5. Jahrhunderts, die den heidnisch-antiken Brauch fortsetzte, durch Gaben die Hilfe einer Gottheit für eine bestimmte Angelegenheit zu erflehen oder ihr für geleistete Hilfe zu danken.
Votivbilder bestehen in der Regel aus vier Elementen: 1. der Wiedergabe der meist in Gebetshaltung bittenden oder dankenden Person(en), 2. der Darstellung der angerufenen heiligen Person(en), 3. der meist bildlichen und/oder schriftlichen Schilderung des Grundes für die Votivgabe sowie (meist) 4. der Formel „ex voto“.
Die himmlischen Helfer erscheinen stets in der oberen Bildhälfte. Bisweilen sind sie nur durch ihre Größe, in der Regel durch die so genannte kultische Wolke oder das Wolkenloch gekennzeichnet.
In diesem Raum sind Votivbilder ausgestellt, die großteils aus der Wallfahrtskirche St. Bartholomäus in Hödingen stammen und Anlässe in Überlingen und Umgebung haben. Große Wallfahrten wie etwa die der Schwarzen Madonna in Altötting besitzen eine immense Zahl von Votiven und Votivbildern.
Den als Bauernschlafstube eingerichteten Raum beherrschen ein schwerer, mit Rosen bemalter Bauernschrank und ein Himmelbett, das ebenfalls mit Ornamenten geschmückt ist.
Das Himmelbett des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts veranschaulicht die Schlafsituation in bäuerlichen Haushalten jener Zeit. Oft nächtigten nur die Hauseltern in einem solchen Bett, während die übrigen Familienmitglieder und die Dienstboten auf der Ofenbank oder gar im Stall weitaus weniger komfortabel schliefen. Himmelbetten hatten mehrere Vorzüge. Zum einen schützen ihre Baldachine aus Stoff oder Holz vor herabfallendem Schmutz, zum anderen boten die seitlichen Vorhänge Schutz vor Kälte und gaben Privatsphäre.
Raum 17
Mit seinen Holzknöpfen an den Seitenwänden zeigt das Kinderbett eine Besonderheit solcher Möbel: An ihnen band man die Säuglinge oder Kleinkinder an, stellte sie dadurch ruhig und sicherte sie vor dem Herausfallen. So konnten die Mütter ihrer täglichen Arbeit nachgehen.
Noch bis ins 19. Jahrhundert hinein war es Brauch, Arme und Beine der Säuglinge so eng an den Körper zu binden, dass sie sich kaum bewegen konnten. Die Bandagierung sollte ein gerades Wachstum der Gliedmaßen gewährleisten. An dem ausgestellten „Fatschenkind“ lässt sich diese Art des Wickelns sehen.
Weitere, kulturgeschichtlich interessante Exponate sind drei „Haarbilder“. Sie kamen gegen 1800 mit dem romantischen Erinnerungs- und Freundschaftskult in Mode und wurden zum Andenken an verstorbene Angehörige und Freunde oder zur Erinnerung an besondere Anlässe wie Hochzeiten und Jubiläen aus menschlichem Haar hergestellt. Echthaarbilder waren ein gängiger Wandschmuck in bürgerlichen und später auch in bäuerlichen Haushalten.
Die ehemalige Dienerschaftsküche des Hauses ist heute als Bauernküche mit Exponaten aus dem 18. und 19. Jahrhundert eingerichtet.
Ausgestellt sind sowohl alltägliche Gegenstände wie Zinngeschirr, Pfannenblöcke und Blasebalg für den offenen Herd als auch spezielle Maschinen zum Schneiden von Nudeln und Schälen von Kartoffeln sowie ein Satz Waffeleisen.
Raum 16
Waffeln hielten im Mittelalter zunächst in der Küche des Adels und der Bürger, dann auch in derjenigen der Bauern Einzug. Die Eisen waren in der Regel verziert und wurden bei besonderen Anlässen für die Zubereitung von Waffelgebäck genutzt. Dabei war oft die Hilfe der Männer gefragt, denn die schweren Waffeleisen mussten an langen Stielen über die offene Feuerstelle gehalten werden, bis der aus Mehl, Honig und Milch oder Wasser hergestellte Teig fertig gebacken war. Erst die Erfindung griffloser Waffeleisen im 19. Jahrhundert erleichterte die Arbeit.
Unter den Exponaten befinden sich auch eine Kaffeeröste und eine Kaffeemühle, die auf die Geschichte des Genussmittels Kaffee verweisen. Dieser wurde gegen Ende des 17. Jahrhunderts in zunehmendem Maße auch in Deutschland getrunken. Allerdings blieb er wegen seines hohen Preises zunächst den Wohlhabenden vorbehalten. Für die ärmeren Bevölkerungsgruppen und auf dem Land stellte Kaffee lange Zeit ein exklusives Getränk dar, das wie die Waffeln nur an Sonntagen oder anderen Fest- und Feiertagen auf den Tisch kam.
Die an der Wand hängenden Vogelbilder sind mit echten Federn hergestellt.
Ehemaliger Küchenraum mit Weihnachts- und sogenannten „Fastenkrippen“, panoramahaft eingebauten Darstellungen der Weihnachts- und Leidensgeschichte, sowie des ersten Pfingstfests. Die Figuren, bekleidete Gliederpuppen mit Köpfen, Händen und Füßen aus Holz, gehörten wahrscheinlich einmal dem Überlinger Franziskanerkloster; im Franziskanerorden hatte man den Krippendienst seit der Weihnacht von Greccio 1223 wohl stets gepflegt.
Raum 18
Krippen
Unter Krippen versteht man anschauliche, figürlich-räumliche Darstellungen der Weihnachts- und – seltener – der Leidensgeschichte Jesu. Die Weihnachts- und Fastenkrippen sind zur Meditation, zum Miterleben der heiligen Geschichten und zur häuslichen Andacht bestimmt. Um dies zu erleichtern, sind die Szenen oft in eine Umgebung verlegt, die den Gläubigen vertraut ist.
Im 14./15. Jahrhundert entstanden, wurden Krippen zur Weihnachts- bzw. Fasten- und Osterzeit in Kirchen, seit dem 16. Jahrhundert auch im häuslichen Umfeld aufgestellt. Die Blütezeit der kirchlichen Krippen ist im 18., die der privaten im 19. Jahrhundert.
Die Krippe als Darstellungsform der biblischen Berichte geht zurück auf Franz von Assisi, der 1223 das heilige Geschehen im Walde von Greccio mit lebenden Personen und Tieren nachspielen ließ, auf Mysterienspiele und die spätgotische Altarkunst.
Wichtige Anregungen zur Ausbildung der bühnenmäßigen Darstellung, die um 1600 aus Süditalien über Tirol nach Mitteleuropa gelangte, gingen vom Geistlichen Theater aus. Nicht zufällig förderten neben den Franziskanern vor allem die Jesuiten, die das Theater gezielt einsetzten, auch die Krippen: Die frühesten nachweisbaren Stücke diesseits der Alpen standen in den Jesuitenkirchen zu Prag (1562) und München (1603). Der Kunsthistoriker Rudolf Berliner bezeichnet Krippen zu Recht als „gefrorenes Theater“.
Ihre Verbreitung förderten in der Folgezeit neben der gegenreformatorischen Kirche auch Adel und Bürgertum. Während der Hochblüte der kirchlichen Krippe im 18. Jahrhundert hielt sie Einzug ins häusliche Umfeld. Damit ging eine steigende Produktion einher – Krippenmärkte und die Herstellung von Kleinserien sind z. B. um 1750 in Wien und München nachweisbar.
Darstellung der Leidensgeschichte in Einzelszenen, vom Abendmahl bis zur Kreuzigung, das Ganze um den Berg Kalvaria gruppiert.
Raum 19