Stadtgeschichtliche Themen im 1. Obergeschoß

Treppenhaus

Die große frühbarocke Kassentruhe aus dem Überlinger Spital zum Hl. Geist zeugt vom Wohlstand der ehemals freien Reichstadt.

Raum 2

Stadtgeschichtlicher Saal

Die Objekte in den Vitrinen sind Zeugnisse der allgemeinen Geschichte, des Rechts- und Münzwesens sowie der Gebietsentwicklung der Reichsstadt Überlingen. Die Ölgemälde, Aquarelle und Stiche des 17. bis 19. Jahrhunderts zeigen die Stadt und wichtige geschichtliche Ereignisse.

Das aus einer Alemannensiedlung hervorgegangene Überlingen ist 770 als „Iburinga“ erstmals urkundlich genannt. 1180/81 verlieh der Stauferkaiser Friedrich I. dem zu einem strategisch wichtigen Handelsplatz mit Kapelle und Schiffslände herangewachsenen Ort das Marktrecht, im frühen 13. Jahrhundert erhob ihn Friedrich II. zur Stadt.

Raum 6

Nachdem Überlingen 1268 Reichsstadt geworden war, sicherte die seit 1300 gültige Zunftverfassung das Zusammenwirken der in Zünften organisierten Handwerker und des Patriziats. Hauptwirtschaftszweige der bis ins späte 16. Jahrhundert sehr wohlhabenden Stadt waren Weinbau und Getreidehandel. Trotz des gegen 1600 beginnenden und sich bis ins 19. Jahrhundert fortsetzenden wirtschaftlichen Niedergangs hatte Überlingen bis um 1840 einen der größten Kornmärkte Süddeutschlands.

Im 30-jährigen Krieg versuchten die Schweden vergeblich, die Stadt einzunehmen. Die - auch durch den Schutz der Muttergottes - erfolglose Belagerung Überlingens im Jahr 1634 zeigt das 1670 von Philipp Jakob Mayer geschaffene Gemälde in diesem Saal. 1643 gelang es dem Kommandeur der Festung Hohentwiel, Konrad Wiederhold, die Stadt einzunehmen.

Ölgemälde, Aquarelle, Gouachen und Stiche, unter anderem von J. S. Dürr, F. J. Walz und Joseph von Haubert vergegenwärtigen das Überlingen des 18. und 19. Jh.


Infolge der napoleonischen Neuordnung Europas verlor Überlingen die Reichsunmittelbarkeit und wurde 1802/23 badische Landstadt, die sich dann schrittweise dem Fremdenverkehr öffnete - mit Folgen: So wurde z. B. die seeseitige Stadtmauer zugunsten eines Seeuferwegs abgerissen.

Hatte die Dampfschifffahrt auf dem See seit den 1820er Jahren den Fremdenverkehr begünstigt, förderte der Anschluss an das Eisenbahnnetz 1895 zusätzlich die Ansiedlung von Gewerbebetrieben.

Gotisches Zimmer

Kirchliches Leben im Mittelalter und in der Renaissance
Altargemälde und sakrale Kunst von 1300 bis 1550

Der stark beschädigte Torso der Muttergottes mit Kind ist ein frühes Zeugnis kirchlichen Lebens im reichstädtischen Überlingen. Vielleicht von Meister Heinrich von Konstanz geschaffen, gehört sie zu den qualitätvollsten Holzschnitzereien am Bodensee kurz nach 1300.

1349/50 wurde St. Nikolaus zur Pfarrkirche erhoben und der Bau eines neuen Chors begonnen. Die Altarflügelfragmente mit Maria Magdalena und dem Ungläubigen Thomas dürften Reste des im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts geschaffenen Hochaltars sein, der 1616 durch das Werk Jörg Zürns ersetzt wurde. Die Gemälde gehören der sogenannten Internationalen Gotik an, die mit dem Konstanzer Konzil 1414-1418 an den Bodensee kam.

Raum 7

Patrizierzimmer

Dieser Raum vermittelt eine Anmutung der Wohnkultur Überlinger Patrizier im 17. und 18. Jahrhundert. Neben einem Tabernakelsekretär des 18. Jahrhunderts sind ein barocker Kabinettschrank mit Intarsien und ein Betschemel ausgestellt. Dieser diente sowohl als Schränkchen wie als Kniebank.

Kachelöfen, die es seit dem Mittelalter gibt, waren im 17. und 18. Jahrhundert die bevorzugte Heizung. Sie gewährleisteten andauernde Wärme und konnten, wie der Ofen dieses Raums, in einem Nebenzimmer versorgt werden. Der mit ländlichen Motiven bemalte Kachelofen wurde im schweizerischen Steckborn hergestellt. Steckborner Öfen waren aufgrund ihrer Qualität und Schönheit in der ganzen Bodenseeregion gefragt.

Raum 9

Die Porträts zeigen Mitglieder einiger Überlinger Patrizierfamilien. Die „Geschlechter“ spielten gesellschaftlich, wirtschaftlich und politisch bis zum Ende der reichsstädtischen Zeit neben den Zünften eine wichtige Rolle. Patrizier gehörten seit etwa 1300 dem Kleinen Rat, dem wichtigsten politischen Gremium der Stadt, und ab etwa 1450 auch dem Großen Rat an. Angehörigen der Geschlechter, welche die 1423 erstmals erwähnte „Gesellschaft der Löwen“, später „Löwenzunft“ bildeten, war das Amt des Bürgermeisters vorbehalten.

Aus dem Überlinger Patriziat stammten politisch und geistesgeschichtlich bekannte Personen: Ein Doppelporträt zeigt das Ehepaar Dr. Johannes Matthias Waibel und seine Frau Maria Eschlinsberger. Von der Kultur und humanistischen Bildung Waibels, der 1672 einen Aristoteles- und Dun Scotus-Kommentar veröffentlichte, zeugt der 1631 datierte Deckel eines Spinetts. Die Darstellung zeigt den Besuch Minervas bei der Quelle Helikon und den musizierenden Musen. Die Inschriften, die den Wappen Waibels und seiner Frau zugeordnet sind, besagen, dass er durch Tugend gerüstet und sie durch diese geschmückt sei.

Mobiliar des 18. Jahrhunderts.

Badisches Zimmer

Mit der Auflösung des Hl. Römischen Reichs 1803/06 endete die reichsstädtische Zeit Überlingens. Es gehörte mit allen weltlichen und kirchlichen Vermögen zu den Gütern, die Baden als Entschädigung für linksrheinische Gebietsverluste erhielt. Unter Carl Friedrich von Baden (1728-1811), der bis 1803 als Markgraf, 1803-1806 als Kurfürst und 1806-1811 als Großherzog regierte, wurde Überlingen zu einer badischen Landstadt, die zum „Seekreis“ gehörte.

Raum 13

Großherzog Leopold I. (1790-1852), Sohn Carl Friedrichs, ist mit seiner Frau Sophie bis heute in Überlingen gegenwärtig: Die Landeseltern gestatteten, dass die 1832 eröffnete „Leopold-Sophien-Bibliothek“ diesen Namen tragen dürfe – Überlingen war die erste badische Stadt mit einer kommunalen Bücherei.

Waffenfähige Überlinger kämpften in den großherzoglich-badischen Aufgeboten zunächst auf der Seite Napoleons, dann in den so genannten Befreiungskriegen 1813-1815 gegen ihn. Die 1821 durch den 1815 gegründeten Deutsche Bund erlassene Kriegsverfassung sah ein Heer vor, das aus Kontingenten der Mitgliedsstaaten bestand. Um im Kriegsfall gerüstet zu sein, mussten diese auch in Friedenszeiten bereit stehen. Zum Badener Kontingent gehörten auch Überlinger Artilleristen (Kanoniere), Kavalleristen und Infanteristen.


1848 erhoben sich in weiten Teilen Europas Menschen gegen die obrigkeitsstaatlichen Monarchien, in Deutschland zuerst in Baden. Ein bedeutender Kopf der gescheiterten „Badischen Revolution“ 1848/49 war der Politiker Friedrich Hecker (1811-1881). Er rief 1848 in Konstanz die Republik aus und zog mit Aufständischen nach Karlsruhe. Der „Heckerzug“ wurde bei Kandern im Schwarzwald durch Truppen des Deutschen Bundes unter General Friedrich von Gagern geschlagen.

Festungsstadt Überlingen

Die 1643 von Matthäus Merian veröffentlichte Ansicht zeigt Überlingen mit den zur Festung ausgebauten Wehranlagen. Eine ca. 2,25 km lange Mauer mit Gräben, die bis zu 20 m breit und 22 m tief waren, 11 Toren und Tortürmen sowie 15 bis zu 32 m hohen Türme und Bastionen machten die Stadt mit damaliger Kriegstechnik uneinnehmbar.

Der Ausbau zur Festung im 16. und 17. Jahrhundert war der letzte Schritt in der Befestigungsgeschichte Überlingens, das wegen seines Wohlstands und seiner Lage von großer wirtschaftlicher und strategischer Bedeutung war: Man darf annehmen, dass bereits die Marktsiedlung im 12. Jahrhundert durch Palisaden bewehrt war. Nach der Verleihung des Markt- und Stadtrechts 1180/81 bzw. im frühen 13. Jahrhundert begann gegen 1220 der Bau einer Befestigung mit Mauern, Gräben, Toren und Türmen. Der erste, rund 1,6 km lange Bering umschloss im Fünfeck den Kern der heutigen Altstadt. An der Stelle seines nördlichen Tors steht das heutige Franziskanertor.

Im 14. Jahrhundert wurde die „Dorf“ genannte Vorstadt nördlich des Stadtkerns durch den zweiten Bering in die Befestigung einbezogen. Zu diesem gehört das Aufkircher Tor.

Um 1500 begann man mit dem dritten Bering im Westen, der auch die Fischerhäuser-Vorstadt einschloss. 1503/04 entstand unter anderem der Gallerturm, der erste runde Wehrturm nördlich der Alpen. Im Zug dieser Maßnahme wurden die bestehenden Festungswerke durch Verstärkung und Ausbau der modernen Kriegstechnik angepasst. Zur Schaffung der heutigen Stadtgräben bewegte man ca. 450.000 m³ Fels.

1798 wurde die Festung aufgelassen und Überlingen zu einer „offenen Stadt“. Im 19. Jahrhundert gingen durch Einsturz und Abriss bedeutende Teile der Wehranlagen verloren. 1813 stürzte z. B. das baufällige Christophstor als schönstes seiner Art ein.

Raum 14

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Museum Überlingen